In der Schweiz sind gesetzliche Ansätze für mehr Zirkularität im Bau vorhanden. Für eine rasche Umsetzung müssen diese weiterentwickelt werden. In diesem Beitrag werfen wir in Teil 1 einen Blick auf die Entwicklungen in der EU und der Schweiz in Teil 2.
Die Umstellung auf zirkuläres Bauen, bei dem Materialien ressourcenschonend und zu ihrem höchstmöglichen Wert (wieder-)eingesetzt werden, ist entscheidend für eine nachhaltige Zukunft. Zielvorgaben und rechtliche Grundlagen für das zirkuläre Bauen sind heute Bestandteil des ordnungspolitischen Rahmens der EU. Bisher waren es allerdings „Kann-Bestimmungen“ und Vorgaben zur freiwilligen Umsetzung, doch das wird sich in Kürze ändern. Zwar ist die Schweiz nicht EU-Mitglied, aber ihre Marktteilnehmer sind dennoch stark von den regulatorischen Entwicklungen in der EU betroffen. Der Schweizer Bausektor wird sich auf konkretere Vorgaben vorbereiten müssen. Im ersten Teil dieses Beitrages beleuchten wir die Entwicklungen auf EU-Ebene, den Status Quo in der Schweiz im zweiten Teil.
EU setzt Massstäbe
Anforderungen für Hersteller von Produkten
Die im November 2024 verabschiedete Überarbeitetung der EU-Bauprodukteverordnung (EU-BauPVO) markiert einen Meilenstein. Die Verordnung wird Anfang 2026 in den Mitgliedstaaten wirksam. Zentrales Element ist die Einführung verpflichtender Umweltindikatoren, die Hersteller in ihren Leistungserklärungen (EPD) zu Umwelt- und Klimaanforderungen ausweisen müssen. Digitale Produktpässe erleichtern die Erstellung von Gebäudepässen, die die Transparenz über die im Gebäude verwendeten Materialien und deren Eigenschaften erhöhen. Die Verordnung sieht weiterhin vor, dass die öffentliche Beschaffung von Bauprodukten verbindliche Mindestanforderungen an die ökologische Nachhaltigkeit einhalten muss.
Seit Juli 2024 gilt in der EU die Ökodesign-Verordnung, die erstmals Anforderungen an Produktehersteller über den gesamten Lebenszyklus von Produkten abdeckt. Das Verbot der Vernichtung von unverkauften oder überschüssigen Materialien wird dazu führen, dass Bestände sorgfältiger verwaltet und Wiederverwendungslösungen stärker in Betracht gezogen werden. Bisher hat die Schweiz die Vorgaben vorheriger Ökodesign-Verordnungen übernommen, um die Umweltverträglichkeit von Produkten zu verbessern und Handelshemmnisse für Schweizer Unternehmen zu reduzieren. Dies ist auch für die neue Verordnung absehbar.
Verpflichtung zur Transparenz für die gesamte Wertschöpfungskette
Mit der EU-Gebäudeenergieeffizienz-Richtlinie (EPBD) wird für die gesamte Wertschöpfungskette mehr Transparenz über die Materialisierung von Gebäuden in der EU Realität. Bis Ende Mai 2026 kann ein Renovierungspass als freiwilliges Instrument eingeführt werden, das einen massgeschneiderten Plan für die schrittweise Renovierung eines Gebäudes hin zu einem Nullemissionsgebäude bis 2050 bietet. Für Nichtwohngebäuden sollen Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz sicherstellen, damit festgelegte Schwellenwerte nicht überschritten werden.
Nicht-finanzielle Berichtserstattungspflichten für Schweizer Firmen
Die EU-Taxonomie, ein System zur Bewertung nachhaltiger Investitionen, ist seit 2024 in Kraft und beeinflusst Offenlegungspflichten sowie Investitionsentscheidungen. Sie betrifft Schweizer Unternehmen mit über 150 Mio. Euro konsolidiertem Umsatz in der EU und einer Tochtergesellschaft oder Niederlassung mit mehr als 40 Mio. Euro Umsatz. Berichtet werden müssen sechs Umweltziele: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasserressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Kontrolle von Umweltverschmutzung sowie Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und Ökosysteme. Dabei muss mindestens eines positiv unterstützt werden, ohne dass andere Ziele negativ beeinflusst werden («Do no significant harm»).
Die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) erweitert seit 2024 die Anforderungen an ESG-Berichte mit standardisierten Vorgaben zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten. Im Umweltbereich sind u. a. Klimawandel und Ressourcennutzung und Biodiversität abzudecken. Schweizer Unternehmen sind betroffen, wenn sie in der EU mehr als 150 Mio. Euro Umsatz erzielen oder deren Tochter- oder Zweigniederlassungen spezifische Umsatz-, Bilanz- oder Beschäftigungsgrenzen überschreiten.
Schweizer KMUs sind aufgrund der Schwellenwerte betreffend Nettoumsatz in der EU kaum von der EU-Richtlinie direkt betroffen. Sie können aber indirekt, etwa als Zulieferer von unter die Richtlinie fallenden Unternehmen, in die Pflicht genommen werden, indem sie ihren Geschäftspartnern Nachhaltigkeits-Informationen zur Verfügung stellen müssen.
Emissions-Grenzwerte
Die Ambition, bis spätestens 2025 Netto-Null zu erreichen, haben viele Länder und Firmen geäussert. Bisher haben einige europäische Länder Emissions-Grenzwerte entlang des Lebenszyklus von Gebäuden definiert, darunter die Niederlande, Dänemark, Frankreich, Finnland und Schweden.
Welche Anforderungen auf Schweizer Unternehmen im Bereich zirkuläres Bauen zukommen, lesen Sie in Teil 2 dieses Beitrages.
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